PAUL HINDEMITH – BÜRGERSCHRECK UND BEWAHRER
16.04.2022 | 20 Uhr
17.04.2022 | 18 Uhr (im Rahmen der Literaturveranstaltung „Hilfe kommt aus Bregenz“)
18.04.2022 | 20 Uhr
BESETZUNG
Orchestermusiker:innen der Camerata Musica Reno
Fridolin Schöbi | Solo-Viola
Augustin Jagg | Rezitation
Tobias Grabher | Dirigent
Das im letzten Jahr neu gegründete Kammerorchester Camerata Musica Reno konnte 2021 auf der Bühne des Theater KOSMOS (Bregenz) unter der musikalischen Leitung des jungen Dirigenten Tobias Grabher mit zwei überaus erfreulichen Produktionen (Strawinskys „L’Histoire du soldat“ und Strauss‘ „Der Bürger als Edelmann“) debütieren. Im April 2022 folgt die dritte Konzertproduktion des aus begeisterten, jungen Musiker:innen bestehenden Orchesters, in der es sich ganz um den Komponisten Paul Hindemith dreht.
Bei kaum einem anderen Komponisten des 20. Jahrhunderts lässt sich ein vergleichbares umfangreiches und vielfältiges Werk finden als bei Paul Hindemith. Ihm kam in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts durch seine revolutionären Kompositionstechniken die Bezeichnung „Bürgerschreck“ zu. Inspiriert von dem großen technischen und gesellschaftlichen Wandel des Jahrzehnts griff Hindemith auf der musikalischen Ebene auf eine Reihe von visionären Spielanweisungen zurück und machte als einer der ersten Komponisten überhaupt auch vor unkonventionellem Gebrauch von elektronischen Instrumenten und gänzlich neuen Instrumentenkombinationen keinen Halt. Noch bevor der Komponist von der NS-Diktatur als „entartet“ gebrandmarkt wurde, etablierte Hindemith in seinem Schaffen eine moderne Verarbeitung innerhalb der konventionellen Kompositionsgeschichte, wodurch Hindemith Traditionen bewahrte und gleichzeitig einen Gegenentwurf zu der völkischen Ästhetik des Faschismus positionierte.
Das vielseitige Schaffen des Komponisten wird in der Produktion Paul Hindemith – Bürgerschreck und Bewahrer von der Camerata Musica Reno durch drei Werke ergründet. In der Kammermusik No.1, Op.24/1 greift der Komponist auf eine farbenreiche, kecke Instrumentierung zurück, die neben einer landläufigen Salonorchester-Besetzung außerdem von Akkordeon und einer elektrischen Sirene Gebrauch macht. Das Herz der Produktion bildet Hindemiths drittes Konzert für Viola und Orchester, besser bekannt unter dem Titel Der Schwanendreher. In diesem Werk verarbeitet Hindemith – bereits als „kulturbolschewistisch“ vom nationalsozialistischen Regime aus dem Konzertbetrieb verbannt – alte deutsche Volkslieder in einem Gegenentwurf zu den beginnenden national-konservativen Tendenzen der Zeit: Abschied, Schmerz, Trennung und auch Heimatlosigkeit werden in dem zugrundeliegenden Material thematisiert. Die 3 Anekdoten für Radio (Drei Stücke für fünf Instrumente) bringen durch den kontrastierenden Gebrauch der Instrumente für die damals noch unsensible Radioaufnahmeausstattung eine charakteristische Abwechslung mit parodierenden Elementen in den Konzertabend.
Untermalt wird die musikalische Vorstellung des Komponisten Hindemiths mit vorgetragenen Texten von Paul Hindemith und seinen Zeitgenossen, rezitiert von Augustin Jagg. Diese Texte kontextualisieren die Entstehungszeit der musikalischen Werke. Dabei wird sowohl die zeitlich nachfolgende nationalsozialistische Kampagne gegen den als „entartet“ beschimpften Komponisten thematisiert als auch ein Bogen in die Zwanzigerjahre unseres Jahrhunderts mit ihren gesellschaftlichen und technischen Veränderungen gespannt. Solist des Violakonzertes wird der ausgezeichnete, junge Vorarlberger Bratschist Fridolin Schöbi sein. Dem Publikum steht ein farbvolles Konzerterlebnis mit einer anregenden literarischen Kontextualisierung bevor.
Foto Ruth Bruckner

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