Körper, Raum und Musik sind die sich kunstvoll umschlingenden „Stimmen“ von sinnestaumel, die sich vor den Augen und Ohren der Zuschauer*innen in einer lustvollen Tanzperformance vereinen – ein Erlebnis, das man gesehen, gehört und gespürt haben muss.
Drei Sonaten aus Johann Sebastian Bachs Sechs Sonaten für Violine und Cembalo, BWV 1014–1019 bereiten den Boden und bilden die treibende kinetische Kraft dieser außergewöhnlichen Begegnung: Die herausragenden Musikerinnen Midori Seiler (Barockvioline) und Christian Rieger (Cembalo) – Meister der historischen Aufführungspraxis – erschaffen gemeinsam mit den hervorragenden Tänzerinnen von laborgras eine Welt, in der sich barocke Linien und zeitgenössische Körper in einem fein abgestimmten, zugleich magischen Dialog begegnen.
Entlang des musikalischen Reichtums der Bach-Sonaten und mit der Musik als treibender Bewegungsenergie entfalten die fünf Performer*innen etwas fortlaufend im Entstehen Begriffenes – keine Erzählung, sondern ein vitales Erkennen, irritierend und faszinierend zugleich. In endloser Variation eröffnen sie – quasi im Taumel – Assoziationsräume, suggerieren Stimmungen und Charaktere und oszillieren zwischen Hoffnung, Sehnsucht, Wehmut, Lebensfreude und Träumerei. Es entsteht ein Raum, in dem sich Lyrik und Dramatik, Humor und Groteske zu einer poetischen Kraft und einer in Tanz und Musik ständig aufscheinenden Menschlichkeit vereinen.
Einmalig in seiner künstlerischen Handschrift, meisterhaft in seiner Interpretation, unvergesslich in seiner Wirkung – sinnestaumel ist ein Muss für alle, die Tanz und Musik in ihrer reinsten Form erleben wollen.
Credits
Konzept, Künstlerische Leitung: laborgras
Künstlerische Mitarbeit: Barbara Weigel
Choreografie: laborgras in Kollaboration mit den Tänzer*innen Abraham Iglesias Rodriguez, Tian Gao
Tanz: Abraham Iglesias Rodriguez, Djamila Polo, Renate Graziadei
Barockvioline: Midori Seiler
Cembalo: Christian Rieger
Dramaturgie: Arthur Stäldi
Kostüme: Claudia Janitschek
Lichtdesign: Raquel Rosildete
Lichtbetreuung: Luigi Kovacs
Künstlerische Produktion: Micaela Trigo, Urszula Heuwinkel
Social Media: Marcelo Vilela da Silva
Fotografie: Phil Dera
Design: Mia Sedding
Musik: Johann Sebastian Bach – Sechs Sonaten für Violine und Cembalo, BWV 1014-1019, daraus die Sonaten BWV 1014, 1017 & 1019
Eine Produktion von laborgras. Made at Studio laborgras 2021.
Die Österreichische Erstaufführung wird finanziert durch eine Förderung des Landes Vorarlberg sowie der Unterstützung einer Anonymen Spenderin. Mit freundlicher Unterstützung des Theater Kosmos.
laborgras wird gefördert von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Presse 2021: https://tanzschreiber.de/en/sinnestaumel-an-expanded-dialogue-through-the-echoing-of-the-senses/
laborgras – Kollektiv für zeitgenössischen Tanz
Das Kollektiv laborgras wurde 1994 von den Tänzer*innen und Choreograf*innen Renate Graziadei (A) und Arthur Stäldi (CH) gegründet. Seit dem Jahr 2000 in Berlin ansässig, verfolgt laborgras einen offenen, prozessorientierten Arbeitsansatz im Feld des zeitgenössischen Tanzes. Die künstlerische Praxis basiert auf der Auseinandersetzung mit dem Körper als Denkraum und bewegt sich im Spannungsfeld zwischen choreografischer Forschung, interdisziplinärem Austausch und performativer Produktion. Verortet in der Tradition des amerikanischen postmodernen Tanzes steht dabei die Idee eines demokratischen, nicht-hierarchischen Körpers im Zentrum.
laborgras interessiert sich nicht für die Etablierung eines unverwechselbaren Stils, sondern für das Potenzial kollektiver Prozesse. Jede Produktion versteht sich als ein neues Experimentierfeld, in dem in Zusammenarbeit mit Künstler:innen aus anderen Disziplinen – etwa Musik, Architektur, Bildender oder Medienkunst – neue Denk- und Bewegungsräume entstehen. Die intensive Beschäftigung mit dem Verhältnis von Körper, Raum, Wahrnehmung und Zeit bildet dabei eine konzeptuelle Grundlage, auf der sich jede Arbeit unterschiedlich entfaltet.
Zwischen 2002 und 2023 war das Studio laborgras ein zentraler Ort für künstlerische Praxis in Berlin. Es bot Raum für eigene Produktionen, Residenzen, Trainingsformate, Mentoring und spartenübergreifende Recherche. Das Studio wurde zu einem wichtigen Treffpunkt für die freie Tanzszene und trug maßgeblich zur künstlerischen Weiterentwicklung sowie zur Vernetzung von Akteur:innen bei. Auch nach der Schließung setzt laborgras seine Arbeitsweise in Kooperationen fort – etwa durch eine seit 2022 bestehende Gastspielpartnerschaft mit der TauberPhilharmonie in Weikersheim, die durch das Programm Tanzland der Kulturstiftung des Bundes unterstützt wird.
Die Arbeiten von laborgras wurden auf renommierten nationalen und internationalen Festivals gezeigt – unter anderem beim Resolution! Aerowaves Festival in London, der Deutschen Tanzplattform, dem Festival Tanz im August sowie auf zahlreichen Gastspielen in Europa und darüber hinaus. Die Produktionen I, myself and me again, Habitat oder Inside Partita gelten als beispielhaft für die interdisziplinäre Verknüpfung von Tanz, Musik und neuen Medien. Neben der kontinuierlichen Entwicklung eigener Werke entstanden zahlreiche Auftragsarbeiten für Kompanien und Institutionen in Deutschland, der Schweiz, Österreich, der Elfenbeinküste und der Slowakei.
Die künstlerische Arbeit von laborgras wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Kurt-Jooss-Preis (2004) und dem Kunstpreis Berlin der Akademie der Künste (2015). Renate Graziadei wurde 2010 von der Zeitschrift ballett-tanz als Tänzerin des Jahres gewürdigt und 2015 für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST nominiert.
laborgras wird seit 2009 kontinuierlich durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert sowie projektbezogen durch Institutionen wie den Hauptstadtkulturfonds, den Fonds Darstellende Künste, das Nationale Performance Netz (NPN) und der Landesregierung Vorarlberg.
Kurzbios aller beteiligten Künstler*innen:
Renate Graziadei Tänzerin, Choreografin, Dozentin wurde in Hohenems/Vorarlberg geboren und erhielt ihre erste Tanzausbildung in der Schweiz. Früh zog es sie nach New York, wo sie drei Jahre lebte, studierte und arbeitete – unter anderem als Tänzerin der Nina Wiener Dance Company. Nach ihrer Rückkehr nach Europa tanzte sie zunächst bei Rui Horta am S.O.A.P. Dance Theatre in Frankfurt und schloss sich anschließend der Hamburger Tanzgruppe COAX an. 1994 gründete sie gemeinsam mit Arthur Stäldi das Künstlerkollektiv laborgras, das seither zahlreiche Produktionen und Arbeitsreihen im Bereich künstlerischer Forschung, des Austauschs und der unabhängigen Produktion realisiert hat. Neben ihren eigenen Arbeiten mit laborgras war sie regelmäßig an Produktionen anderer Künstler*innen beteiligt. Eine ihrer engsten und kontinuierlichsten Zusammenarbeiten verband sie über viele Jahre mit dem Choreografen David Hernandez.
Von 2008 bis 2018 war sie als Gasttänzerin bei Sasha Waltz & Guests tätig. Ihre Verbindung zur Kompanie begann jedoch bereits 2004 – als Trainings- und Probenleiterin in Berlin und auf Tour, unter anderem für Produktionen wie Impromptus, Medea, Romeo and Juliette und Continu. 2016 war sie als Gasttänzerin bei der Susanne Linke Company in Trier sowie bei einem Gastspiel in Tokio in der Produktion Hommage à Dore Hoyer zu sehen. Das Weitergeben von Wissen, das gemeinsame Forschen und das künstlerische Lernen im Austausch mit anderen sind für sie von Anfang an zentrale Bestandteile ihrer Arbeit. Seit 1996 unterrichtet sie zeitgenössische Tanztechnik, Improvisation und Komposition – auf internationalen Festivals sowie an verschiedenen renommierten Ausbildungsstätten, auch in Deutschland. Ihre Lehrtätigkeit führte sie unter anderem in die Schweiz, nach Österreich, Belgien, Kroatien, Dänemark, Italien, Australien, Frankreich, Spanien, Kolumbien und Korea. Für ihre tänzerische Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet. In der jährlichen Kritikerumfrage der Zeitschrift ballett international/tanz aktuell wurde sie 1997 als profilierte Nachwuchstänzerin und 2010 als beste Tänzerin geehrt. Mit laborgras erhielt sie unter anderem den Kurt-Jooss-Preis in Essen (2004), den Kunstpreis Berlin (2015) sowie eine Nominierung für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST (2015).
Arthur Stäldi – Choreograf, Dramaturg, Dozent ursprünglich aus der Schweiz, entdeckte seine Leidenschaft für den Tanz bereits in jungen Jahren. Nach seiner Ausbildung in Luzern und Rotterdam sammelte er erste Erfahrungen an verschiedenen Theatern in der Schweiz und in Deutschland. Von 1989 bis 1994 war er als Tänzer und Mitbegründer von COAX in Hamburg aktiv, wo er mit Rica Blunck Werke wie „Coax“, „Archetyp“ , „Drifting“ und „Intravenös“ entwickelte, die nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa zu sehen waren. Schon früh begann Arthur, eine eigene künstlerische Sprache zu entwickeln. 1984 realisierte er mit Rudi Schill die Performance „She is still alive, but…“ in der Kunsthalle Luzern. Weitere Werke folgten, darunter „Klang der Erde“ (1987) und „Heldenfriedhof“ (1989). In den Jahren 1990 bis 1992 setzte er künstlerische Akzente mit Projekten wie der „Foto-Performance“ mit Bernadette Lahmer und „1/2 Stunde oder Der Himmel ist die Grenze“ im Theater auf dem Hornwerk in Nienburg. 1994 fand Arthur in der Zusammenarbeit mit Renate Graziadei einen kreativen Partner, mit dem er das Künstlerkollektiv laborgras gründete. Unter diesem Namen entstehen seitdem kontinuierlich interdisziplinäre Arbeiten, die Tanz mit anderen Medien und Disziplinen verbinden. Ein bekanntes Beispiel ist „I, Myself and Me Again“ (2006), das in der Tanzforschung sowie im Bereich neuer Medien Anerkennung fand. Die Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen spielte für Arthur stets eine zentrale Rolle. Besonders enge Kooperationen pflegte er mit dem Choreografen David Hernandez. 1995 war er sowohl als Choreograf als auch als Tänzer an der Kampnagel-Produktion „Trauma 509“ beteiligt und nahm im selben Jahr am „Männerprojekt“ in Zürich teil, bei dem er mit vier internationalen Choreografen arbeitete. Seit 1996 unterrichtet Arthur Stäldi zeitgenössische Tanztechnik, Improvisation und Komposition an renommierten Institutionen und Festivals weltweit. Durch seine Lehrtätigkeit hat er vielfältige internationale Kunstgemeinschaften bereichert – von der Schweiz über Österreich, Belgien, Kroatien, Dänemark, Italien, Australien, Frankreich, Spanien bis nach Kolumbien. Von 2002 bis 2023 betrieb er gemeinsam mit Renate Graziadei das Studio laborgras in Berlin-Kreuzberg, einen Ort für kreative Entfaltung, künstlerischen Austausch und gemeinsame Forschung. Arthur Stäldi wurde für seine Arbeit mit laborgras mehrfach ausgezeichnet. Zu seinen Ehrungen gehören der Kurt-Jooss-Preis (2004) und der Kunstpreis Berlin (2015). Nach dem Ende seiner Tänzerkarriere im Jahr 2006 widmet er sich weiterhin seiner Arbeit als Dramaturg, Choreograf und Dozent und ist weiterhin an innovativen Tanz- und Performanceprojekten beteiligt.
Midori Seiler zählt zu den wenigen Spezialistinnen der historischen Aufführungspraxis, die sich in verschiedenen Epochen heimisch fühlen. Sie leitete als Konzertmeisterin vielfältige Projekte,
u.a. das Budapest Festival Orchester, Anima Eterna Brügge oder die Kammerphilharmonie Bremen. Zu ihren Kammermusikpartnern zählen Christian Rieger, Jaap ter Linden und Andreas Staier. Ihre umfangreiche Diskographie enthält Violinkonzerte von Mozart, Rimskij-Korsakoffs „Sheherazade“ oder ihre eigene Rekonstruktion des verschollenen Violinkonzertes von Bach BWV 1052. Von der langjährigen Zusammenarbeit Jos van Immerseel zeugen die Einspielungen sämtlicher Sonaten für Violine und Klavier von Mozart, Beethoven und Schubert. Großes Medienecho erfuhren ihre beiden Veröffentlichungen der Bachschen Solowerke. Nachdem sie als Professorin für Barockvioline an den Musikhochschulen in Weimar und Salzburg tätig war, unterrichtet sie seit 2020 an der Folkwang Universität der Künste Essen. Seit 2016 ist Midori Seiler die künstlerische Leiterin des BachCollektivs der Köthener Bachfesttage.
Ihre Experimentierfreude mit ungewöhnlichen Konzertformaten ließ Zusammenschlüsse mit zeitgenössischem Tanz, elektronischer Musik und choreographiertem Spiel entstehen: so erarbeitete sie – choreographiert von Juan Kruz de Garaio Esnaola – die Bachschen Sonaten für Violine solo mit zwei Tänzern und ein Projekt mit Renate Graziadei mit elektronischer Musik und Johann Sebastian Bach. Ihr Album „La Venezia di Anna Maria“ mit Concerto Köln wurde 2019 mit dem OPUS Klassik ausgezeichnet. Seit 2024 ist sie sie künstlerische Leiterin des zamus early music festivals in Köln. Seit 2025 übernahm sie zudem die künstlerische Leitung des Orchesters Anima Eterna Brügge.
Christian Rieger, geboren und aufgewachsen im Schwarzwald, erhielt nach ebenso langen wie kurzweiligen autodidaktischen (Improvisations-) Lehrjahren seinen ersten Klavierunterricht bei Maria Bergmann in Baden-Baden. Ein Studium an der Staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe schloss sich an, am intensivsten betrieben in den Fächern Orgel (Andreas Schröder), Dirigieren (Martin Schmidt) und Analyse (Matthias Spahlinger). Ein zweifach zugestandenes Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ermöglichte ihm die Fortsetzung seiner Studien an der Schola Cantorum in Basel. Nachhaltige Eindrücke empfing er dort von Jean-Claude Zehnder (Orgel) und Andreas Staier (Cembalo). Nach ersten Erfolgen auf Wettbewerbs- und Konzertpodien, sowie einem einjährigen Intermezzo als Opernkorrepetitor und Theatermusiker, schloß er sich noch während des Studiums der Kammermusikgruppe „Musica Antiqua Köln“ an, die er runde sechs Jahre später verließ, um sich vermehrt dem cembalistischen Solorepertoire zu widmen. Als Solist und Duopartner auf Cembalo, Orgel und Hammerklavier ist er seither Gast auf Festivals und Konzertreihen in ganz Europa, in Nord- und Südamerika und in Asien.
Zahlreiche Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen ergänzen diese Präsenz. Eine spielerische Neigung zu Improvisation und Komposition führte ihn zur Filmmusik und (zurück) zum Theater. Als Arrangeur, Komponist und Improvisator stattete er Filme von Dominique de Rivaz und Gerard Corbiau aus, als musikalischer Leiter arbeitete er an Bühnen wie Stuttgart oder Hamburg. Christian Rieger ist heute europaweit gefragter Dozent bei Meisterkursen; nach Stationen als Lehrer in Detmold, Berlin und Salzburg unterrichtet er seit 2004 als Professor für Historische Tasteninstrumente und Generalbass an der Folkwang Universität der Künste in Essen.
Abraham Iglesias Rodriguez studierte am Real Conservatorio Profesional de Danza Mariemma in Madrid, Spanien. 2017/18 war er als Tänzer bei der Deutschen Oper sowie auch freischaffend tätig. Von 2018 bis 2020 war er Mitglied des Ballettensembles am Stadttheater Pforzheim. Seit 2020 arbeitet er als freischaffender Tänzer. Er wohnt in Zürich und wirkt von dort aus in verschiedenen Tanzprojekten mit, unter anderem auch in Berlin. Seit Sommer 2021 arbeitet er mit laborgras.
Djamila Polo ist eine freischaffende Tänzerin und Choreografin mit Lebensmittelpunkt zwischen Wuppertal und Luxemburg. Sie absolvierte eine Ausbildung in Tanz, Improvisation und Performance in Freiburg im Breisgau und schloss ihr Bachelor Studium an der Folkwang Universität der Künste ab. Drei Jahre lang war sie Mitglied des Folkwang Tanzstudios. Als Tänzerin wirkte sie in Stücken von Pina Bausch, Boris Charmatz, Jill Crovisier, Renate Graziadei u. a. mit. Ihre choreografischen Arbeiten wurden international gezeigt und ausgezeichnet.
Sie ist Mitglied des interdisziplinären Kollektivs Ensemble SOL. In ihrer künstlerischen Praxis erforscht sie das Absurde, Groteske und Bizarre in der menschlichen Natur.

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